Redebeitrag zu Kolonialismus und Klimakrise

Dieser Redebeitrag wurde am 25.03.22 beim globalem Klimastreik von Fridays for Future in Trier gehalten. Wie immer stammt dieser Text von einer Einzelperson von Besch Bleibt und nicht von der ganzen Besetzung.

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Kolonialismus und Klimakrise


Hallo! Schön, dass ihr heute gekommen seid und für eine klimagerechte Welt demonstriert. Im folgenden Redebeitrag wird es über den Zusammenhang von Klimakrise, Kolonialismus und Rassismus gehen. 


Bevor ich inhaltlich anfange möchte ich noch eines klar stellen: Ich selbst bin noch nie in meinem Leben von Rasissmus oder den Auswirkungen des Kolonialismus betroffen gewesen.All mein Wissen das ich über das folgende Thema weiß, beruht auf Texten, Büchern, Podcasts oder Gesprächen mit von Rasissmus und Kolonialismus betroffenen Menschen. Ich möchte mir ihre Kämpfe nicht aneignen oder so tun, als würde ich irgendetwas besser wissen oder besonders gut reflektiert sein. Mir und dem Orga-Team von Fridays for Future war es trotzdem wichtig, dass dieses Thema überhaupt Platz auf der Demo findet. Seht die Informationen gerne als Anlass euch weiter mit dem Thema auseinander zu setzen, denn vollständig wird dieser Redebeitrag schon alleine aus Zeitgründen nicht. Wer sich für Infomaterial interessiert, kann gerne die Social Media Kanäle von FFF verfolgen oder mich im Nachhinein ansprechen [Weiter unten ist eine Linkliste mit Infomaterial].

Komme ich nun zu meiner eigentlichen Rede:


Wir stehen heute hier als “Fridays for Future” und demonstrieren dafür, dass unsere Zukunft erhalten wird. Denn mit steigender Erderwärmung werden die Ökosysteme im Ozean kippen, es wird mehr Naturkatastrophen geben und Dürren oder extrem starke Regenfälle werden folgen. 
Doch Vorsicht! Da fängt Rassismus schon an: Für viele Menschen auf der Welt ist der Klimawandel kein Zukunftsproblem, sondern bittere Realität! Heute und gestern haben Menschen bereits aufgrund der Klimakrise ihre Lebensgrundlagen, ihr Zuhause oder gar ihre Leben verloren! 


Ja, die Folgen des Klimawandels werden in Zukunft noch schlimmer werden! Und auch ich habe Angst vor dem was noch kommt, wenn nicht jetzt gehandelt wird. Wir müssen allerdings auch einsehen, dass die meisten von uns zu dem jetztigen Zeitpunkt den Klimawandel losgelöst von Alltag betrachten können. Es geht gerade nicht primär um “uns”, sondern darum, dass ein global verstricktes System an Ungerechtigkeiten endlich aufgelöst wird!
Wenn wir für unsere Zukunft kämpfen, dann geht das nur, wenn wir auch für Gerechtigkeit für die Vergangenheit und die Gegenwart auf die Straße gehen. Wir können nicht länger nur Fridays for Future sein. Nein, wir sind Fridays for Future, Past and Present! Klimagerechtigkeit Jetzt!


Wenn wir vom Klimawandel sprechen, dann beginnen wir oft mit der Erzählung um das Jahr 1850 herum. Denn mit Beginn der Industrialisierung wurden vor allem im Globalen Norden bis heute enorm viele Treibhausgase ausgestoßen, die verkürzt formuliert, dafür sorgen, dass es auf der Erde immer wärmer wird.
Doch um zu verstehen, wie es überhaupt soweit kommen konnte, müssen wir viel weiter in die Vergangenheit schauen. Und zwar bis in das 15. Jahrhundert. Denn in diesem Jahrhundert begann der europäische Kolonialismus und die Ausbeutung, die systematische Ermordung, die Versklavung, die Vertreibung von zig-Millionen Menschen in Süd- und Nordamerika, Afrika und Asien, sowie die Zerstörung ihrer Ökosysteme. Um die eigene Gewaltanwendung und Zerstörung legitimieren zu können, wurde der Rassismus erfunden. Schwarze, Indigene und Person of Color, kurz BIPoC, wurden im Gegensatz zu weißen als minderwertig und unterentwickelt dargestellt. Diese natürlich völlig falsche und zu verurteilende Annahme, wurde damals sogar wissenschaftlich belegt. Auch festigte sich in dieser Zeit das strukturelle und ideologische Fundament für den heutigen Kapitalismus. Auch heute nach der offiziellen Unabhängigkeit ehemaliger kolonisierter Länder, sind wir noch lange nicht an einem Punkt der Gleichberechtigung angekommen. Die Machtstrukturen, die europäische Kolonialmächte aufgebaut haben, sind auch bis heute noch wirksam und werden deswegen auch koloniale Kontinuitäten genannt.


Die Länder und Menschen im Globalen Norden sind Hauptverantwortlich für die Klimakrise und die anhaltende Zerstörung von Ökosystemen im Globalen Süden und Ausbeutung von den dort lebenden Menschen!


Und auch für vermeintlich grüne Lösungen der Klimakrise werden die kolonialen Denkweisen weiter getragen. Für E-Autos werden beispielsweise die Rohstoffe Lithium und Kobalt benötigt, welche unter lebensbedrohlichen Arbeitsbedingungen von Menschen in Kolumbien und im Kongo abgebaut werden und gleichzeitig die Natur irreperabel zerstört wird.Es sind BIPoC im Globalen Süden, die die sozialen und ökologischen Kosten für vermeintlich nachhaltige und technische Klimalösungen tragen!


Daher können wir uns niemals mit dem Streben nach CO2-Neutralität und dem technischen “Fortschritt” zufrieden geben! Um die Klimakrise zu stoppen, müssen wir nicht nur kapitalistische Denkweisen überwinden, sondern auch die kolonialen Kontinuitäten!


Es sind aber auch BIPoC weltweit, die sich schon lange vor Greta Thunberg oder der “weißen” Klimabewegung für Klimagerechtigkeit und Umweltschutz eingesetzt haben. Seit dem Beginn der Kolonialisierung gab es schon immer Schwarzen Widerstand gegen diese Unterdrückung und es wird ihn auch immer weiter geben!


Nun liegt es an uns, den weißen Menschen auf dieser Demo: Gestehen wir diesen Kämpfen den Raum ein, der ihnen schon lange zusteht und fangen wir an unsere eigenen verinnerlichten rassistischen und kolonialen Denkweisen zu reflektieren. Wenn wir ganz ehrlich sind, dann ist keiner von uns frei davon!
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit und bleibt widerständig! Klimagerechtigkeit Jetzt! 

Infomaterial

Broschüre: Kolonialismus & Klimakrise – Über 500 Jahre Widerstand

https://www.bundjugend.de/projekte/locals-united/kolonialismusundklimakrise/

Vortrag: Schwarze Perspektiven auf die Klimakrise

https://soundcloud.com/user-842377063/schwarze-perspektiven-auf-die-kolonialitat-der-klimakrise

Linkliste zur Selbstreflexion zum Thema (Anti-)rassismus

https://www.ende-gelaende.org/antirassistisch-und-solidarisch-aktiv/

Podcast-Reihe zu klimapolitischen Debatten und Bewegungen (mal durchstöbern, die haben mehrere spannende Themen auf Lager)

https://www.iz3w.org/projekte/suednordfunk/suednordfunk-2021-i-80-bis-92/87-heisser-scheiss-2013-klimagerechtigkeit-und-feminismus

Zum Beispiel Folgen 5,6,28 (die anderen sind aber auch empfehlenswert)

https://www.ende-gelaende.org/podcast/

Linkliste zum Thema Kolonialismus

https://www.bundjugend.de/projekte/locals-united/mediathek/